Auseinandersetzung mit Vertrautem wie Unvertrautem

Um gute ehrenamtliche Arbeit leisten zu können, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen und professionelle Begleitung

Über 3000 Personen bringen sich in der Evangelischen Jugend Österreich (EJÖ) auf ehrenamtlicher Basis in Gemeinde, Superintendenz und auf Bundesebene in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, mit Teenies, KonfirmandInnen und jungen Erwachsenen ein. Derzeit sind es 2071 Frauen und 992 Männer.
Die Motivation dafür ist vielfältig: Freude an gemeinsamen Unternehmungen, Zeit mit anderen verbringen, neue Freundschaften schließen, sich mit besonderen Talenten und Fähigkeiten einbringen können, eigene Kompetenzen und Fertigkeiten erweitern und Wissen erwerben. Manche sind schon über viele Jahre in der EJÖ ehrenamtlich engagiert. Aber egal, ob jemand seit Längerem dabei ist oder gerade erst begonnen hat und seine ersten Schritte im Ehrenamt geht – dieser Einsatz ist etwas Außergewöhnliches. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu betätigen und für eine Organisation aktiv zu sein, sich einzubringen und mitzudenken, ist alles andere als selbstverständlich. Sie erfordert Zeit, Mut, Persönlichkeit.

Ehrenamt bedeutet Kommunikation und Auseinandersetzung mit Vertrautem wie Unvertrautem.

Regelmäßige Termine, Treffen, Koordinierungsgespräche, Einbindung in Projekt-Alltag und -Umsetzung, … Ehrenamt, speziell hier bei uns in der EJÖ, bedeutet Begleiten und sich begleiten lassen. Ehrenamt ist Miteinander, unheimlich wertvoll und ein Dienst, den eine Organisation nur dankend, anerkennend und mit höchster Wertschätzung annehmen kann (sofern von Interesse, wird dieser Einsatz auch gerne  durch ein Zertifikat bestätigt).

Um gute ehrenamtliche Arbeit leisten zu können, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen und professionelle Begleitung. Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht der Mensch. Jede und jeder Einzelne ist wichtig, einmalig, einzigartig und angenommen.
Auf diesen ganzen Menschen hin ist die Arbeit der EJÖ ausgerichtet. Dass alle unsere ehrenamtlichen MitarbeiterInnen zu ihrem eigenen Schutz über die EJÖ haftpflichtversichert sind, ist selbstverständlich. Ebenfalls etabliert hat sich in der EJÖ die besondere Bedeutung des Themas Kinderschutz und Prävention von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt. In sogenannten „KSR-Basisschulungen“ schaffen ausgebildete EJÖ-PräventionstrainerInnen Bewusstsein für Nähe und Distanz, respektvollen Umgang miteinander, für Gewaltprävention im täglichen Leben und fürs Einlenken bei Grenzüberschreitungen. Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren Maßnahmen besprochen und auf den Weg gebracht, die die grundlegende MitarbeiterInnen-Ausbildung in der EJÖ ein stückweit vereinheitlichen sollen. Die Qualität unserer Angebote ist uns sehr wichtig, alle unsere Fortbildungen werden laufend evaluiert und weiterentwickelt.

Gerade die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erfordert viel persönlichen Einsatz, Offenheit, Einfühlungsvermögen und Interesse am Gegenüber. Außerdem ist es uns Auftrag und Herausforderung zugleich, im Fachbereich der jugendkulturellen und -spirituellen Entwicklungen am Ball zu bleiben.  

Damit unsere Mitarbeiter*innen am Puls der Zeit bleiben können, bietet die EJÖ vielfältige Fortbildungen an, auch gemeinsam mit externen Anbietern oder in Zusammenarbeit mit KooperationspartnerInnen. Fortbildungen zur Umsetzung in der individuellen Praxis und Fortbildungen zur persönlichen Weiterentwicklung.

Etwa bei intensiven Schulungswochenenden wie beispielsweise Take MAK, wo es sehr zentral darum geht, sich Methoden anzueignen und Werkzeuge für die ehrenamtliche Mitarbeit in den Gemeinden zurechtzulegen. Klar, dass wir alle uns bei so viel Lerneifer und Engagement auch schöne Auszeiten miteinander gönnen: da wird gelacht und geredet im Café, geschwitzt und gegrölt in der Disco, geplaudert in großen und kleinen Gruppen und am Sonntag gefeiert, gebetet und gesungen im Gottesdienst.

Zahlreiche Workshops, die unterschiedlicher kaum sein könnten, geben den TeilnehmerInnen „coole neue Tipps und Tricks für Gruppen“, wie eine der Stimmen aus den Feedback-Bögen zuletzt lautete. Es gibt in zwei Mal 2,5 Stunden Einblicke in Fach- und Themenbereiche wie Neues Testament, Christentum und Glaube allgemein, Politik und Recht. Die große Bandbreite der angebotenen Module ist das Besondere an dieser Fortbildungsveranstaltung für Jung-MitarbeiterInnen: neben Einheiten, die dem Bereich der Persönlichkeitsbildung, dem kreativen Gestalten und der Erlebnispädagogik zugeordnet werden können, stehen praktische Anleitungen beispielsweise zu den Themen Gruppendynamik und -führung, dazwischen werden Methoden kennengelernt und Aspekten der Seelsorge und Entwicklungspsychologie behandelt.

Die EJÖ sieht sich als Lebensbegleiterin auf dem Weg in ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben. Ein, wenn nicht das wesentliche Ziel unserer Organisation besteht darin, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Zeit und Raum zur individuellen Identitätsfindung anzubieten, an ihrer Seite zu sein, wenn sich in ihren Leben grundlegende Prozesse des Erwachsenwerdens vollziehen. Für junge Menschen sind zuallererst ein Glaube, der Fragen und Anfragen aushält, ohne sich provoziert oder gar in Frage gestellt zu fühlen, und eine Gottesbeziehung, die sich in der konkreten Lebenswelt jeder und jedes Einzelnen bewährt, einladend, relevant und faszinierend. Wer Christ*in ist, weiß, sie*er ist nicht der Mittelpunkt der Welt. Aber ihre*seine Welt hat eine Mitte.

Ein ganz, ganz herzliches DANKE an alle, die sich einbringen! Euer Beitrag ist unersetzlich für eine soziale und solidarische Gemeinschaft. Danke für euren Einsatz in unseren Gemeinden. Und alles, alles Gute!!!

Petra Grünfelder
Jugendpfarrerin für Österreich (2016-2020)